Editions Mego — Klangobjekte und das ›Andere Hören‹

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»Es geht um das Wagnis, ein Phoniurg zu sein« (1) schreibt Michel Chion in seiner ›Kunst fixierter Klänge‹. Es ist ein mondäner und visitenkartenfreundlicher Neologismus. Was er meint, weiß man allerdings nicht so recht — wie das bei Berufsbezeichnungen auf Visitenkarten ja häufig der Fall ist. Einen Teil seiner Bedeutung scheint er jedenfalls aus dem Griechischen zu schöpfen. Denn dort gibt es den Begriff  PHṒNĒMA, der Laut, Ton, Stimme oder auch Sprache bezeichnet. Die Legierung des Suffixes hingegen glänzt silbrig, wie die Oberfläche eines Skalpells. Der Phoniurg könnte also eine Art Klangchirurg sein, der sich auf der Suche nach dem Wesen des Musikalischen an den Innereien der Musik zu schaffen macht.

Peter Rehberg gehört zu eben jener Sorte Mensch, die dieses Wagnis eingegangen ist. Seit Anfang 2006 verwaltet er über das Wiener Experimentalmusik-Label Editions Mego das Erbe des prestigeträchtigen Mego-Labels, das zu Beginn der Neunziger Jahre von Ramon Bauer (alias General Magic), Andi Pieper und Peter Meininger gegründet wurde. Bereits die erste Veröffentlichung sorgte damals, 1995, für Furore: Fridge Trax von General Magic & Pita (Rehbergs Künstler-Alter Ego) war eine knappe Handvoll Tracks, bestehend aus gesampleten Kühlschrank geräuschen, die unter illustren Titeln wie Deep Fridge, Dope Fridge oder Funk Fridge firmierten. Kurze Zeit später verließ Meininger das Label und Rehberg trat in dessen Fußstapfen. Bis zur vorläufigen Insolvenz im Jahr 2005, in deren Zuge auch Bauer und Pieper die Segel strichen, erschienen etwa 75 Veröffentlichungen, unter ihnen pophistorische Marksteine wie Pitas Seven Tons For Free, das neben Ovals Systemisch durchaus als treibender Geist in der Entstehung des Glitch-Genres gelten kann. Oder Christian Fennesz’ Endless Summer, ein früher Vertreter jenes verwaschenen Referenzgemenges, das sich mit Boards Of Canadas Music Has The Right To Children zum eigenständigen Hauntology-Zweig verdichtet hatte. Kurzum: Mego hören hieß Zeitgeist atmen. Oder aber – insofern es sich um die hegelianische Begriffsprägung als Indikator einer historischen Metaerzählung handelt – selbigen als Anachronismus abzutun, zugunsten einer Klangästhetik, die jeglichen Transzendenzversprechen den Rücken kehrte.

Seit der Neuauflage als Editions Mego hat sich einiges getan. Nicht nur wird der Veröffentlichungskatalog des ehemaligen Mego-Labels aufrechterhalten und beständig erweitert, sondern das Label fungiert als Dachorganisation unter deren Schirmherrschaft sich ein erstaunlich fruchtbares Biotop an Sublabels entwickelt hat. Unter anderem das von Sunn O)))’s Stephen O’Malley kuratierte Ideologic Organ, auf dem jüngst Ai Asos Lone erschien. Das fünfte Album der japanischen Songwriterin ist wider den O’Malley’schen Drone-Eskapaden ein äußerst fragiles und eigenwillig verschrobenes Pop-Kleinod: Asos gläserne Stimme schwingt seltsam geisterhaft-elegisch über äußerst spärlich gesetzte Töne, beschwört Impressionen großstädtischer Einsamkeit. Gelegentlich beschränken sich die Songs auf kaum mehr als den Nachhall eines einzigen Gitarrenanschlags. »In many sound cultures, there is a connection between the low frequencies and danger, sadness, or melancholy« (2) schreiben die französischen Klangforscher Jean-Francois Augoyard und Henri Torque in Sonic Experience. A Guide To Everyday Sounds im Kontext ihrer Untersuchungen zum Drone. Unbestreitbar liegt ein diffuser Schauder in dieser gedämpft wabernden Formlosigkeit, insbesondere in jenen Augenblicken, in denen Instrumenten- und Vokalklang scheinbar ineinanderfließen. Augoyard und Torque sprechen in diesem Zusammenhang auch von ›phonetischen Drones‹ — Resonanzmustern in der gesprochen Sprache. Zudem erweckt  es den Anschein, als würden Asos Worte im Moment des Gesungen-Werdens unter der leiblichen Ausdruckskraft der Stimme zerbröseln. All das wirkt seltsam außerweltlich und aus der Zeit geworfen, rückt jedoch ein Charakteristikum in den Vordergrund, das sich durch sämtliche Mego-Veröffentlichungen zieht: es geht um Klangtexturen. Um die Art und Weise, in der sich im Prozess des Wahrnehmens kleine Fragmente aus diesen Sound-Gebilden herauslösen und ein Eigenleben entwickeln.

Parallel zu Lone erschien auf Spectrum Spools, dem eher technoid geprägten Ausläufer des Labels, kürzlich eine Neuauflage der Aquaplano Sessions von Donato Scaramuzzi und Manuel Fugliata (alias Donato Dozzy & Nuel), die vor sechs Jahren aus Mark Ernestus’ Hardwax-Dunstkreis emergierten, zu jener Zeit jedoch kaum Resonanz fanden. Vor allem im Zuge der Rückbesinnung der Berliner Szene auf die härteren Spielarten der frühen 90er, schien die Platte dem Dancefloor abtrünnig zu werden: zu viel Kopf, zu wenig Bein. Die acht Tracks erinnern an ein Tableau vivant: Bewegung wie im Zeitraffer, kaum Dramaturgie oder ausgestellte Brüche, stattdessen ein stetig durchratterndes Sequencer-Pattern, über dem sich sehr subtil Versatzstücke von Melodien schlängeln, auftauchen, abtauchen und einander in mikrotonalen Nuancen ablösen. Der psychologische Effekt ähnelt jenem von Lone: die Zeit erscheint für einen Augenblick wie stillgestellt oder unversehens in eine Feedbackschleife geraten. Während es in Asos Musik vorrangig der Drone als Soundeffekt ist, der für ein produktives Irritationsmoment sorgt, zehren die Aquaplano Sessions aus dem spannungsgeladenen Wechselspiel von Repetition und Varianz. Gemäß den Worten von Augoyard und Torque basiert das Prinzip auf der »juxtaposition and repetition of very short sound cells, the agglomeration of which creates a scenery in which everything is in vibration, but nevertheless seems, as a whole, almost immobile. The listener focuses either on the totality, and assists in the slow evolution of ›sonic wallpaper‹, or on the micro-events, grasping the logic of repetition, the game of ruptures and appearances.« (3)

Jene mikroskopisch kleinen ›sound cells‹ beschrieb der französische Philosoph Gilles Deleuze in einem seiner spärlich gesäten Texte zur Musik einmal als ›Klangmoleküle‹ (4), also im eigentlichen Sinne Klangmaterie, die ähnlich wie Licht je nach Perspektive der Betrachtung gleichermaßen Welle und Partikel ist. Interessant an diesen Klangmolekülen ist vor allem ihre zeitliche Autonomie: ein jedes folgt – oder vielmehr generiert – in seinem Ablauf eigenständige Zeitstrukturen. Deleuze nannte diese Strukturen mit Bezug auf einen Landsmann, den Philosophen Henri Bergson, ›Dauern‹ und machte im Anschluss daran zwei Zeit-Typologien in der Musik aus: ›pulsierte‹ und ›nicht-pulsierte‹ Zeit. (5) Während die pulsierte Zeit den Drang nach Autonomie des Materials unterbindet, um alle Dauern mit einem gemeinsamen Rhythmus zu versehen (hier spricht der hegelianische Zeitgeist beispielsweise aus dem transzendenten Schema der Partitur, deren formalistischem Regime sich die Musik in ihrer Notation zu beugen hat, oder auch dem Geniebegriff, der den Künstler als eine Art Propheten einer übergeordneten ›Wahrheit‹ inszeniert, die – übersetzt ins Kunstwerk – dem Betrachter ein Mittel zur Erkenntnis liefert), eröffnet die nicht-pulsierte Zeit einen Raum für Klangmoleküle in all ihrer Heterogenität. Was hier bereits deutlich wird ist ein wesentliches gesellschaftskritisches Potential der Musik: während kapitalistische Produktionsstrukturen vor allem über eine Ökonomisierung der Zeit  – siehe die 40-Stunden-Woche – pulsieren, vermag diese Musik samt der durch sie wirkenden Soundeffekte ein konträres Zeitkonzept zu entwerfen und mit ihm klangliche Refugien außerhalb der kapitalistischen Verwertungslogik. Im Geiste Adornos ließen sich in solcher Weise auch klassische Song-Schemata des Pop als Blaupause kapitalistischer Produktionsstrukturen deuten.

Derlei theoretisierende Überlegungen zu ›sound cells‹ und Klangmolekülen, auch im Hinblick auf psycho-physiologische Wirkungsmuster liegen nahe, entstammen ihre Wurzeln doch einem Spross des Editions Mego-Archivs Recollection GRM. GRM steht für Groupe de Recherches Musicales,  ein französisches Klang forschungsinstitut das 1958 von Pierre Schaeffer gegründet wurde. Bereits Anfang der 40er Jahre begann Schaeffer, damals im Pariser Studio d’Essai de la Radiodiffusion nationale (später Club d’Essai), mit ersten Experimenten zum Charakter von Sound. Die frühen Studien beschäftigten sich vorrangig mit der Transformation von wahrgenommener Zeit, vor allem im Kontrast von originärem Geräusch und dessen nachträglich manipulierter Aufnahme. Nachdem Ausschnitte dieser Frühwerke, die Cinq etudes des bruits, am 5. Oktober 1948 im Radio ausgestrahlt wurden, begann sich eine Musik zu entwickeln, die Schaeffer gewissermaßen zum Prototyp des Phoniurgen modellierte: die Musique concréte beziehungsweise Akusmatische Musik (ein in den 70er Jahren von Francois Bayle geprägter Ausdruck in Anlehnung an Pythagoras, der diejenigen seiner Schüler Akusmatiker nannte, die ihn lediglich hören, den Ursprung des Klangs aber nicht sehen konnten, da sie hinter einem undurchsichtigen Tuch saßen).

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»Anstelle von Musik ist ex abrupto eine Art Klangpoesie entstanden« (6) — so beschreibt Schaeffer das Initialmoment einer Entdeckung, deren Bruch mit dem abendländischen Musikidiom samt dessen Errungen schaften sich erst zwei Jahrzehnte darauf in einer Theorie manifestieren sollte — dem Traité des objets musicaux. Bereits einige Jahre zuvor erschienen, inspiriert durch einen ersten Forschungskongress, der 1953 verschiedene zeitgenössische experimentelle Strömungen (darunter die elektronische Musik, vor Allem um Stockhausen, der zuvor Studien in Schaeffers Studio angefertigt hatte; die Aleatorik um Werner Meyer-Eppler, John Cage und Pierre Boulez sowie die Serielle Musik um Olivier Messaien) zusammenbrachte, erste Postulate, die neben grund legenden Gemeinsamkeiten (eine Infragestellung des Musikinstrumentenbegriffs, der Beziehungen zwischen Musiker, Komponist und Publikum sowie des Notationssystems) vor allem eine radikale Differenz zu Tage förderten:

 

Erstes Postulat: Vorrang des Ohrs. — Das Entwicklungspotential ebenso wie die Begrenzungen jeglicher neuen Musik liegen in den Möglichkeiten des Gehörs.

Zweites Postulat: Unter Voraussetzung des ersten Postulats, Bevorzugung der realen akustischen Quellen, für die unser Ohr weitgehend geschaffen ist (und insbesondere der Ablehnung einer ausschließlichen Zuhilfenahme elektronischer Klangquellen).

Drittes Postulat: Erforschung einer Sprache. — Neue musikalische Strukturen müssen darauf abzielen, eine Kommunikation herzustellen zwischen dem, der sie entwirft, und dem, der sie aufnimmt. (7)

 

Es ist vor allem die besondere Relevanz, die dem Hören beigemessen wurde, die der Musique concrète einen Sonderstatus neben ihren musikalischen Zeitgenossen einräumt. Eine Fokussierung, die indes nicht gänzlich neu war: Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts erkannten die italienischen Futuristen, allen voran Luigi Russolo, die Bedeutung von Sound. In seinem Manifest The Art Of Noise schrieb er an den Komponisten Francesco Balilla Pratella:

 

Let’s walk together through a great modern capital, with the ear more attentive than the eye, and we will vary the pleasures of our sensibilities by distinguishing among the gurglings of water, air and gas inside metallic pipes, the rumblings and rattlings of engines breathing with obvious animal spirits, the rising and falling of pistons, the stridency of mechanical saws, the loud jumping of trolleys on their rails, the snapping of whips, the whipping of flags. We will have fun imagining our orchestration of department stores’ sliding doors, the hubbub of the crowds, the different roars of railroad stations, iron foundries, textile mills, printing houses, power plants and subways. (8)

 

Vor allem bei einem Gegenstand wie Musik scheint diese Gewichtsverlagerung hin zum Ohr auf den ersten Blick kaum nennenswertes Sensationspotential zu bergen, entscheidend ist jedoch die Tatsache, dass sie Ausdruck einer Art sensueller Re-Hierarchisierung ist, die der Visualität als primärem Orientierungsmodus den Rang abläuft. »In modern warfare, mechanical and metallic, the element of sight is almost zero. The sense, the significance, and the expressiveness of noise, however are infinite.« (9) heißt es bei Russolo. Hier offenbart sich ein weiteres Kritikmoment: während die abendländische Musikkultur – gelesen als historische Entwicklung des Notationssystems – vor allem visuelle Kultur war, bricht die Musique concrète mit dem Diktat der geschriebenen Note zugunsten des Klangobjekts. Appliziert auf die Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft gewinnt das Kritikpotential dieser Verlagerung noch an Sprengkraft: Mit der Mechanisierung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert waren die ersten Grundsteine für die Massenproduktion gelegt; ein Prozess geschaffen, der es ermöglichte, Wissen von einem fehleranfälligen oralen (bzw. gleichermaßen inakkuraten handschriftlichen) Übertragungsweg in exakte und obendrein beinahe beliebig reproduzierbare visuelle Lettern und Abbildungen zu transformieren. In der gedruckten Partitur liegt also ein maßgeblicher Entwicklungsmotor westlicher Musiktradition, weil im Zuge massenhafter Produktion und Verbreitung das Kriterium der Vergleichbarkeit Einzug hält, um mithin den Nährboden für Evolution zu bilden — die Geburtsstunde der Gutenberg-Galaxis (Marshall McLuhan). Im Stechschritt folgten Wettbewerb und Kapitalisierung. Abschied nehmen von Partitur und Auge bedeutet also nicht lediglich einen Bedeutungszuwachs auf Seiten des Hörens, sondern gleichsam einen Bruch mit den ihnen inhärenten kapitalistischen Verwertungsmechanismen.

Es kommt im Zuge der Überlegungen zur visuellen Kultur nicht von ungefähr, dass es auf der entgegengesetzten Seite des Atlantik Marshall McLuhan ist, der 1960, sechs Jahre vor dem Traité und zwei Jahre vor der Erst veröffentlichung von The Gutenberg Galaxy, auf die essentielle Bedeutung des Hörens entgegen dem auf drei Dimensionen begrenzten Orientierungsvermögen des Sehens verweist. In einem Aufsatz zum Acoustic Space heißt es: »Auditory space has no point of favored focus. It’s a sphere without fixed boundaries, space made by the thing itself, not space containing the thing.« (10) Das große Potential der Klangobjekte, die Schaeffer in Nähe zu Deleuze auch als »Klangwesen« die »mittels eines Reichtums an Wahrnehmung, der hinter der Einfachheit der Notation verborgen bleibt« (11) aufgefasst werden, beschreibt, liegt also darin, dass sie im Anschluss an nicht-pulsierte Zeitstrukturen gleichsam nicht-pulsierte Räume entwerfen. Räume, die jedweder an optische Orientierung gebundenen Zweckhaftigkeit entsagen, um sie zur Zuflucht anderer, akustischer Orte umzufunktionieren. Ein Effekt, der umso deutlicher zu Tage tritt, wenn die realen Räume dieser Instrumentalisierung des Klanglichen zu trotzen versuchen. Deswegen macht die Kraftwerksarchitektur des Berghain oder das in seiner Geschichtssättigung latent bedrohlich wirkende Dachgeschoss eines Luftschutz bunkers (im Hamburger Übel & Gefährlich) einen entscheidenden Teil der Erfahrung aus: es gilt, die Wirkmacht ihrer optischen Realität akustisch aus den Angeln zu heben. Um dieses Potential jedoch nutzen zu können, bedarf es in aller Konsequenz eines Hörens, das klassische Kriterien wie Tonhöhe oder -dauer als Residuen eines überkommenen Systems bewusst missachtet: Schaeffer nennt es ›reduziert‹, das heißt »eines von Hinweisen auf den Ursprung des Klangs (Klang als Indiz) oder auf seinen Sinn (Klang als Schriftzeichen) losgelöste[s] Hören.« (12) Man könnte es – entgegen dem transzendenten Hören der hochklassischen Periode – als immanentes Hören bezeichnen, das ganz im Selbstzweck der Erforschung des Klangs aufgeht. »Alsbald stellt der gesunde Menschenverstand Vergleiche her: Jedes Objekt ist demnach eine Form, die einer Materie aufgedrückt wird.« (13) — das Ohr wird zum Architekten des Raumes. Oder eher: der Räume – Plural –, denn was ebenfalls offenkundig wird, ist eine grundlegende Äquivalenz von Produzent und Rezipient, die derlei Trennungen von Grund auf als antiquiert infrage stellt, zugunsten einer emanzipativen Praxis des Hörens. Es gibt kein ›Regularium des richtigen Ohrs‹, vielmehr kann (und soll) ein und dasselbe Klangobjekt eine Vielfalt von (nicht intendierten) Räumen erzeugen, die an eine bewusste ästhetische Reflexion des Wahrgenommenen appellieren. Es geht diesem Hören – wenngleich auf symbolischer Ebene – um nicht weniger als Revolution im Sinne der Überwindung klassischer Paradigmen mitsamt deren popmusikalischen Derivaten.

Das GRM ist aktiv wie eh und je, was ein Schwerpunkt mit Stücken von Bernard Parmegiani, Beatriz Ferreyra, Christian Zanési, Schaeffer selbst und einer Installation Iannis Xenakis’ auf dem CTM-Festival im vergangenen Jahr eindrucksvoll unter Beweis stellte. Dort war das Programm Teil eines größeren Editions Mego-Fokus, der die gesamte Bandbreite des Labels abbildete und dessen Aufführungen bezeichnenderweise Räume von Konzertsaal bis Berghain bespielten. Das große Verdienst des Labels liegt so gesehen vor allem darin, die experimentelle Praxis eines Instituts wie der GRM über den institutionellen Rahmen in pop- und damit im emphatischen Sinne mehrheitskompatible Trackformate zu übersetzen. Oder anders ausgedrückt: uns zu guten Phoniurgen, wenn nicht gar – Achtung Neologismus – ›Phoniluzzern‹ zu erziehen. Das klingt mondän und passt wunderbar auf eine Visitenkarte. Was der Begriff meint, weiß man nicht genau, ein Teil seiner Bedeutung scheint sich jedoch aus dem Französischen zu speisen, denn dort gibt es den Begriff  RÉVOLUTIONNAIRE.

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Text

Robert Henschel

Fotografie

© Editions Mego
 
[togglegroup][toggle title=“Hör|Spiel — Editions Mego (2014)“][/toggle][toggle title=“Ton|Träger“]
Ai Aso, »Lone«, Ideologic Organ, 2014.
Boards Of Canada, »Music Has The Right To Children«, Warp Records, 1998.
Donato Dozzy & Nuel, »The Aquaplano Sessions«, Spectrum Spools, 2014.
Fennesz, »Endless Summer«, Mego, 2001.
General Magic & Pita, »Fridge Trax«, Mego, 1995.
Oval, »Systemisch«, Mille Plateaux, 1994.
Pita, »Seven Tons For Free«, Mego, 1996.
[/toggle][toggle title=“Quellen“]
(1) Chion, Michel (2010 [1991]): Die Kunst fixierter Klänge – oder die Musique Concrètement. Berlin: Merve. S. 59.

(2) Augoyard, Jean-Francois / Torque, Henri (Hrsg.): Sonic Experience: A Guide to Everyday Sounds. London: McGill-Quenns University Press. S. 42.

(3) ebd. S. 96.

(4) Deleuze, Gilles (2005): Kräfte hörbar machen, die durch sich selbst nicht hörbar sind. In: Daniel Lapoujarde (Hrsg.): Gilles Deleuze. Schizophrenie und Gesellschaft — Texte und Gespräche von 1975 bis 1995. Frankfurt a.M.: Suhrkamp. S. 150.

(5) ebd. S. 148f.

(6) Schaeffer, Pierre (1974): Musique Concrète: Von den Pariser Anfängen um 1948 bis zur elektroakustischen Musik heute. Stuttgart: Klett. S. 21.

(7) ebd. S. 30.

(8) Russolo, Luigi / Pratella, Francesco Balilla (1967): The Art Of Noise: Futurist Manifesto, 1913. o.O.: Something Else Press.

(9) Russolo, Luigi (1986): The Art Of Noises. Hillsdale, N.Y.: Pendragon Press. S. 51.

(10) McLuhan, Marshall (1960): Acoustic Space. In: Edmund Carpenter / Marshall McLuhan: Explorations In Communication. Boston: Beacon Press. S. 67.

(11) Schaeffer, Pierre (1974): Musique Concrète: Von den Pariser Anfängen um 1948 bis zur elektroakustischen Musik heute. Stuttgart: Klett. S. 36.

(12) ebd.

(13) ebd. S. 38.[/toggle][/togglegroup]

[notification type=“success_alert“ title=““]Weitere – teilweise auch ältere – Playlists der Sublabels sind auf der Soundcloud-Seite von Editions Mego (hier) zu finden.[/notification]
 

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