Lawrence English ist Klangkünstler und sagt Dinge wie »wir leben in einer sehr visiozentrischen Gesellschaft«. Dabei spricht er vor allem von westlichen Kulturkreisen, deren Weltbild und -verständnis sich vor allem über das Sehen generiert — wir bewegen uns optisch durch eine Welt, die aus drei Dimensionen besteht. Das mag zunächst nach einer recht alltäglichen Erkenntnis klingen, die jedoch spätestens dann spannend wird, wenn wir versuchen, uns aus ihren Fängen zu befreien. Wenn man Lawrence English begegnet, merkt man, dass ihn seine Lebensrealität anders in Beschlag nimmt: Er versprüht eine Art universelle Achtsamkeit. Seine Augen scheinen auf einer rastlosen Suche nach etwas zu sein, das eigentlich unsichtbar ist — einer Welt im Abseits des Sehens. Er bewegt sich vielmehr durch Orte und Räume, die der kanadische Komponist und Klangforscher Raymond Murray Schafer einst als ›Soundscapes‹ beschrieb — ein Neologismus, der sich aus ›Sound‹ und ›Landscape‹ zusammensetzt. ›Klanglandschaften‹ würde man am ehesten im Deutschen sagen und damit zwar die visuelle Konnotation der Landschaft beibehalten, aber auf einen Umstand verweisen, der – auch in den Wissenschaften – lange Zeit vernachlässigt wurde: Klang als Zugang zur Welt, liquide Architekturen, Soundtracks des Sehens. Verknüpft ist dieser Gedanke mit einer weiteren essentiellen Erkenntnis: Unser Hören ist untrennbar an die Psyche gebunden und wird von ihr beeinflusst, was das Ganze zu einem höchst subjektiven Unterfangen macht. Als Künstler geht Lawrence English noch einen Schritt weiter und stellt sich die Frage, ob und wenn ja wie sich subjektive Höreindrücke vermitteln lassen — »can one listen to a listener’s listening?«
INTERVIEW UND TEXT
— Robert Henschel
KAMERA UND EDITING
— Sandra Adler
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